Brief

Prof. Dr. Schuster an Oberbürgermeister Andreas Brand,
Friedrichshafen Juli 2023, bisher ohne Rückantwort.

Brief Prof. Dr. Schuster an Oberbürgermeister Andreas Brand, Friedrichshafen Juli 2023, bisher ohne Rückantwort.

Professor Dr. Wolfgang Schuster
Oberbürgermeister a.D.

Herrn Oberbürgermeister
Andreas Brand
Rathaus
Adenauerplatz 1
88045 Friedrichshafen

Einrichtung eines Europäischen Zentrums für Forschungskooperation in Friedrichshafen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Brand,

Ihre Antwort auf mein Schreiben vom 12. Mai 2023 habe ich erhalten.
Ich bedaure sehr, dass Sie sich nicht dazu bereit erklären können, für ein Gespräch mit dem Expertenteam und mir zur Verfügung zu stehen.
Unsere gemeinnützige Initiative “Bodenseefreundeskreis für Ecoflying“ mit Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunalpolitik möchte sehr gerne Forschungsaktivitäten gemeinsam mit der Stadt Friedrichshafen  entwickeln. Daraus können für die Stadt Friedrichshafen mittel- bis langfristig fünf wesentliche Vorteile entstehen:

  1. Die Forschungsaktivitäten zum Thema „nachhaltiges Fliegen“ sollen im Wesentlichen von öffentlichen Forschungsgeldern finanziert werden. Dabei ist es in der Regel notwendig, Drittmittel ergänzend einzubringen, um dann das zwei- bis dreifache der eigenen Investition an öffentlichen Forschungsgeldern zu erhalten. Konkret bedeutet dies: Würde die Stadt Friedrichshafen Erträge aus dem Sondervermögen der Zeppelin Stiftung zum Beispiel in Höhe von 50 Millionen Euro einsetzen, könnten Forschungsaktivitäten in Höhe von 100-150 Millionen Euro finanziert werden. Durch diese „Hebelwirkung“ könnte für Friedrichshafen eine sehr beachtliche Dynamik ausgelöst werden.
  2. Aus der Zusammenarbeit mit dem neu zu schaffenden europäischen Forschungskooperationszentrum entstehen Innovationen, die ihrerseits neue wirtschaftliche Aktivitäten sowohl der existierenden Unternehmen vor Ort als auch Neuansiedlungen bzw. Neugründungen (Start-Ups) auslösen werden. Mit zusammen großem Potential für Hochtechnologie-Arbeitsplätze und einer Erhöhung des Steueraufkommens.
  3. Bei einer Ansiedlung der Forschungsaktivitäten am Flughafen Friedrichshafen, wie von uns vorgeschlagen, ließen sich die dortigen Auslastungsprobleme und Finanzprobleme deutlich reduzieren, vielleicht sogar ganz beheben. Das zeigt das Beispiel Oberpfaffenhofen vor den Toren Münchens. Während der Flughafen Friedrichshafen wirtschaftlich einen Sinkflug erlebte, zeitweise sogar insolvent war, hat sich Oberpfaffenhofen dank einer beherzten Standortpolitik zu einem bedeutenden Zentrum der Luft- und Raumfahrt entwickelt. Die Ansiedlung zahlreicher Unternehmen und Startups hat dort über 7500 hochqualifizierte neue Arbeitsplätze entstehen lassen. Ganz zu schweigen von der Magnetwirkung, die von den dortigen technischen Pionierarbeiten nach ganz Europa ausstrahlt.
  4. Durch die Transformationsprozesse, gerade auch in der Automobilindustrie, werden bei uns in der Bodenseeregion Arbeitsplätze entfallen. Nahezu alle Unternehmen, allen voran die ZF, betonen die Herausforderungen, die mit technologischen Innovationen, der Veränderung der Lieferketten, des globalen Wettbewerbs und der Notwendigkeit zu mehr Nachhaltigkeit verbunden sind. Gerade die Aufgabe, Fliegen ökologisch nachhaltig zu gestalten, ist unsere Chance. Wer es schafft, den Flugverkehr nachhaltig zu gestalten, wird auf Jahre hinaus eine Führungsposition im internationalen Wettbewerb besetzen. Und welche Region zumindest in Europa ist für so eine multidisziplinäre Aufgabe besser geeignet als Baden-Württemberg, mit unserer einzigartigen Verknüpfung technischer Hochschulen, innovativer Unternehmen von Weltrang und qualifizierten Arbeitskräften?
  5. Die realistische Vision unseres weiter wachsenden Freundeskreises ist die Schaffung eines europäischen Zentrums für Forschungskoordination. Dieses Zentrum wird bereits vorhandene Forschungseinrichtungen und Unternehmen miteinander vernetzen, neue Unternehmen anziehen und Gründungen ermutigen. Das komplexe Aufgabengebiet des ökologisch nachhaltigen Fliegens, an dem national und international gearbeitet wird, umfasst viele Themen, die speziell in Baden-Württemberg bearbeitet werden können. Dank eines europäischen Zentrums wird die Stadt Friedrichshafen durch höhere Steuereinnahmen, höhere kommunale Abgaben und einer zukunftsfesten Attraktivität als Wirtschaftsstandort größten Nutzen ziehen.

Friedrichshafen hatte in seiner Geschichte das Glück mit dem Pionier der Luftfahrt, Ferdinand Graf Zeppelin. Anknüpfend an seinen unternehmerischen Mut und Pioniergeist könnten in Friedrichshafen die Aufgaben des ökologisch nachhaltigen Fliegens angepackt werden. Dies würde zugleich dem Stifterwillen von Ferdinand Graf von Zeppelin entsprechen. Er hat in der Stiftungssatzung als Schwerpunkt die Förderung der Luftfahrtforschung festgelegt.

Aus Gesprächen mit Persönlichkeiten aus Friedrichshafen und der Bodenseeregion weiß ich, dass es ein großes Interesse an der Entwicklung von Forschungsaktivitäten gibt. Wir bekommen sehr viel Rückenwind, der sich dann auch öffentlich äußern wird, wenn das zuständige Gericht den Notvorstand für die Zeppelin-Stiftung berufen hat.

Natürlich- Sie müssen nicht mit mir reden. Aber ist es hilfreich, die Initiatoren noch nicht einmal anzuhören und damit die Chancen für die Entwicklung der Stadt in den Wind zu schlagen? Ist es im Interesse der Bürgerinnen und Bürger von Friedrichshafen, dass der Oberbürgermeister sich noch nicht einmal aus erster Hand über die Vorschläge namhafter Persönlichkeiten für ein Europäisches Zentrum für Forschungskoordination in Friedrichshafen informieren möchte?

Sollten Sie es sich noch einmal anders überlegen, stehe ich unverändert zu meinem Angebot eines persönlichen Gesprächs. Aber unabhängig davon werden wir mit unserer Überzeugungsarbeit für die gute Sache fortfahren.  

Mit freundlichem Gruß,

Wolfgang Schuster

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